Schwierige Mitarbeitergespräche: Was alles schiefgehen kann und wie Sie es vermeiden
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Erfahrene Führungskräfte und Personaler wissen, dass sich Führung primär im Dialog zwischen Vorgesetzter:m und Mitarbeiter:in vermittelt. Es kann das klassische Mitarbeitergespräch sein oder ein Kritik- oder Konfliktlösungsgespräch – regelmäßige Gespräche gehören zu jedem Führungsalltag. Dabei gibt es immer wieder Herausforderungen, die besonderes Fingerspitzengefühl erfordern.
So geht es zum Beispiel im Mitarbeiter- oder Jahresgespräch vorrangig um die Beziehungsebene, die von Emotionen, Erwartungen, Ängsten, Sympathien und Antipathien geprägt ist. Denn bei diesem institutionalisierten Gedankenaustausch stehen die Bedürfnisse und die Entwicklung der Mitarbeitenden im Mittelpunkt; sie dienen der Mitarbeiterförderung und der Verbesserung der Kooperation. Führungskraft und Mitarbeiter:in geben sich wechselseitig Feedback, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Denn: Gute Beziehungen sind die Basis für Motivation.
Doch gerade mit der Beziehungsebene tun sich (nicht nur) Führungskräfte manchmal schwer. Verständlich, geht es doch im Job primär um fachliche und leistungsbezogene Themen. Im Folgenden habe ich Ihnen die die Top 11 der Worst-case-Szenarien zusammengestellt, nach denen ich in meinen Trainings immer wieder gefragt werde. Mit den richtigen Strategien und Techniken lassen sich diese Hürden erfolgreich meistern.
Worst-case-Szenario 1: Gespräch mit einem schwierigen Mitarbeiter
Es gibt Menschen, die uns einfach nicht sympathisch sind. Aus irgendeinem Grund stimmt „die Chemie“ nicht. Privat ist das kein Problem: wir gehen diesen Mitmenschen einfach aus dem Weg. Im Unternehmen ist das schwierig bis unmöglich. Und als Führungskraft müssen Sie selbstverständlich allen gerecht werden – auch denen, die Sie sich selbst nicht ausgesucht haben.
Das können Sie tun:
Um einem solchen Mitarbeiter1 im Gespräch nicht mit Magenschmerzen, sondern souverän oder annähernd neutral zu begegnen, gibt es einen einfachen Trick: Überlegen Sie sich vor dem Zusammentreffen fünf bis zehn positive Eigenschaften, die der Mitarbeiter hat. Auch wenn sich zunächst Widerstand regt, Sie werden welche finden! Halten Sie sich diese Eigenschaften vor Augen und ich garantiere Ihnen, dass Sie Ihrem „schwierigen“ Mitarbeiter positiver begegnen werden. Und, Sie wissen ja, der Auftakt zu einem Gespräch bestimmt den weiteren Verlauf…
Wenn die Situation dauerhaft belastend ist, können Sie natürlich auch tiefer einsteigen und sich zum Beispiel in einem Coaching mit den Schwierigkeiten auseinandersetzen. Denn: Es kann an Ihnen selbst oder am anderen liegen (intrapersonell/innermenschlich) oder, wie sehr oft, an Ihnen beiden (interpersonell/zwischenmenschlich); wenn sehr unterschiedliche oder gegensätzliches Persönlichkeitstypen aufeinandertreffen, führt das oft zu Spannungen (vgl. Riemann-Thomann-Modell).
Manchmal liegen die Gründe für zwischenmenschliche Schwierigkeiten auch auf einer ganz anderen Ebene: Das können unklare oder widersprüchliche Rollenerwartungen sein, ineffiziente Kommunikationsstrukturen, Arbeits- und Organisationsbedingungen oder auch kulturelle Unterschiede. Im schlechtesten Fall kommen verschiedene Faktoren zusammen.
Natürlich gibt es auch Querulanten, ewige Pessimisten oder die klassischen Opfer und somit keine Pauschallösung für den Umgang mit schwierigen Arbeitnehmern. Klar ist, dass sich manche Verhaltensmuster langfristig negativ auf das Arbeitsklima auswirken und damit auch auf die Leistung der Kollegen. Wer als Führungskraft unangemessenes Verhalten zu lange ignoriert, trägt damit selbst zur Verschlechterung der Situation bei. Deshalb ist zügiges Handeln angesagt. Ein Mitarbeitergespräch oder Feedbackgespräch ist dabei oft der erste Schritt.
Worst-case-Szenario 2: Die Mitarbeiter:in bricht in Tränen aus
Von vielen Führungskräften gefürchtet ist die Situation, wenn das Gegenüber emotional wird und in Tränen ausbricht. Unsicherheit und Hilflosigkeit macht sich breit. Auf solch emotionale Reaktionen ist kaum jemand vorbereitet, denn im Job geht es ja in erster Linie um sachliche und leistungsbezogene Themen. Und nicht alle verfügen über die nötigen Soft Skills, um angemessen auf Tränen und starke Emotionen zu reagieren.
Auch das Abwägen zwischen professioneller Distanz und emotionaler Unterstützung kann schwierig sein: Wie weit sollen oder dürfen Vorgesetzte in das persönliche Leben eines Mitarbeiters involviert sein? Zeigen Sie Verständnis, aber stellen Sie keine Fragen zum Privatleben. Also statt „Haben Sie Probleme zu Hause?“ lieber „Gibt es etwas, das Sie belastet und über das Sie reden möchten?“
Oft schwingt auch die Angst mit, etwas Falsches zu sagen oder zu tun, dass die Situation verschlimmert oder negative Konsequenzen wie einen Vertrauensverlust oder die Verschlechterung der Beziehung mit sich bringt. Denn meistens entstehen Tränen ja in Gesprächen, die schwierige oder unangenehme Themen beinhalten: Leistungsbeurteilungen, Disziplinarmaßnahmen oder persönliche Kritik.
Tränen können außerdem bei Führungskräften selbst Emotionen wie Verlegenheit, Empathie oder Stress hervorrufen und damit erschweren, selbst ruhig und professionell zu bleiben.
Das können Sie tun:
Diese Empfehlung wird Sie überraschen: Tun Sie erstmal nichts! Bleiben Sie ruhig. Geben Sie den Emotionen Raum. Tränen können Trauer und Wut ausdrücken oder auch einfach Hilflosigkeit. Auch ohne Worte können Sie Anteil nehmen. Und das genügt oft schon. Führungskräfte machen oft den Fehler, zu schnell zu re-agieren, weil sie es gewohnt sind, Lösungen anzubieten und zu handeln. Tun Sie also dieses Mal einfach nichts. Es kann sein, dass die Tränen dann schon bald versiegen oder von selbst eine Erklärung hinterherkommt.
Wenn Ihnen das zu schwierig erscheint, weil Sie sich schweigend unwohl fühlen, sprechen Sie aus, was Sie sehen und erleben und heben am Ende des Satzes die Stimme etwas an: „Sie sind traurig/enttäuscht/verärgert?“ Pause! Zeit geben! Das Gegenüber wird Ihre als Frage formulierte Vermutung nun bestätigen, verneinen oder korrigieren, und schon sind sie wieder im Gespräch.
Sie können stattdessen natürlich auch von sich sprechen und sagen, dass Sie die Reaktion überrascht, wenn das der Fall ist. Auch das wird eine Antwort Ihres Gegenübers hervorrufen und das Gespräch wieder in Gang bringen.
Worst-case-Szenario 3: Sie trauen sich nicht negatives Feedback zu geben
Harmoniebedürftige Menschen scheuen Konfrontationen. Sie geben bei Entscheidungen nach, um Streit zu vermeiden und gehen übermäßig auf die Wünsche des anderen ein, selbst wenn das unpraktisch oder für sie nachteilig ist.
Wenn eine Führungskraft sehr harmoniebedürftig ist, geht das i.d.R. damit einher, dass sie Schwierigkeiten hat, kritisches Feedback zu geben. Wenn sie es dennoch geben (muss), ist es oft unklar oder es werden wichtige Verbesserungsmöglichkeiten übersehen. Erkennen Sie sich wieder?
Das können Sie tun:
- Selbstreflexion: Erkennen und akzeptieren Sie, dass kritisches Feedback notwendig ist, um das Wachstum und die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter zu fördern. Machen Sie sich bewusst, dass Kritik eine Chance zur Verbesserung darstellt. Kritik konstruktiv statt konfrontativ an den Mann oder die Frau zu bringen, kann man lernen.
- Mitarbeitergespräch vorbereiten: Sammeln Sie vor dem Gespräch konkrete Beispiele für das zu besprechende Verhalten oder die Leistung. Dies hilft, die Kritik sachlich und spezifisch zu formulieren.
- Positive Atmosphäre schaffen: Beginnen Sie das Gespräch positiv und vergessen Sie bei aller Kritik nicht, die Stärken und Erfolge des Mitarbeiters hervorheben!
- Sachlich bleiben: Beziehen Sie die Kritik auf konkrete, beobachtbare Verhaltensweisen oder Ergebnisse. Verwenden Sie Ich-Botschaften. Persönliche Angriffe oder Verallgemeinerungen sind tabu! Beispiel: „Ich habe bemerkt, dass die Projektfristen nicht immer eingehalten wurden“ statt „Sie halten nie die Fristen ein“.
- Lösungsorientiert sein: Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen und besprechen Sie konkrete Schritte, wie die Leistung verbessert werden kann. Dies zeigt, dass Sie am Erfolg des Mitarbeiters interessiert sind.
- Training und Unterstützung: Falls nötig, nehmen Sie ein Coaching oder eine Schulung zur Verbesserung Ihrer eigenen Feedbackfähigkeiten in Anspruch. In meinem Training „Feedbackkompetenz für Führungskräfte“ gibt es ausreichend Möglichkeiten im geschützten Rahmen konkrete Feedback-Situationen und -Gespräche zu erproben und selbst Feedback zu bekommen. Kontaktieren Sie mich wegen eines Inhouse-Termins oder lassen Sie sich auf die Warteliste setzen, falls Sie ein offenes Seminar besuchen wollen.
Eine kurze Anleitung, wie ein Kritikgespräch ablaufen kann und wie Sie Ihr Feedback formulieren können, finden Sie hier:
Worst-case-Szenario 4: Auf Ihre Kritik folgt Gegenwind
Eine ebenfalls unangenehme Gesprächssituation: wenn Mitarbeitende sich gegen Kritik wehren, indem sie nun Ihnen Vorhaltungen machen. Diese Reaktion kann viele Gründe haben. Häufig ist es ein Gefühl der Ungerechtigkeit. Der Mitarbeiter empfindet die Kritik als nicht gerechtfertigt oder ist der Meinung, dass sie auf falschen Annahmen beruht. Vielleicht fühlt er sich auch persönlich angegriffen oder sieht seine ihre bisherigen Leistungen nicht ausreichend gewürdigt. Letztlich steht die Angst vor den Konsequenzen hinter der Reaktion, die Furcht um den eigenen Arbeitsplatz oder um Karrierechancen.
Das können Sie tun:
Es ist wichtig, sensibel und konstruktiv mit Kritik umzugehen. Zunächst: Rechtfertigen Sie sich nicht! Betrachten Sie die Kritik als nützlichen Hinweis für eine Verbesserung Ihres Handelns. Stellen Sie sicher, dass die Kritik klar und präzise formuliert ist. Bitten Sie – falls nötig – um einen freundlichen Ton und um konkrete Beispiele. Allgemeine oder vage Kritik führt zu Frustration und Widerstand.
Berücksichtigen Sie die Perspektive des Mitarbeiters und hören Sie aktiv zu.
Ein offenes Gespräch, in dem der Mitarbeiter seine Sichtweise darlegen kann, kann Missverständnisse aufklären und schafft Verständnis. Das Ziel: gemeinsam Lösungen zu finden. Feedback sollte immer zukunftsorientiert sein und konkrete Handlungsempfehlungen enthalten. Eine Anleitung, die Sie auch für eine Situation verwenden können, in der Sie kritisiert werden, gibt´s hier:
Worst-case-Szenario 5: Sie ernten Vorwürfe und Anschuldigungen
Wenn Sie sich im Mitarbeitergespräch mit Vorwürfen und Anschuldigungen konfrontiert sehen, kann Verschiedenes dahinterstecken. Ein häufiger Grund ist die mangelnde Kommunikation oder Transparenz seitens der Führungskraft, die zu Missverständnissen und Frustrationen führt. Mitarbeiter fühlen sich infolgedessen nicht ausreichend informiert oder wertgeschätzt. Ungerechtigkeiten, wie die bevorzugte Behandlung anderer Kollegen oder eine unfaire Arbeitsbelastung, können ebenfalls eine Rolle spielen. Vielleicht sind auch persönliche Konflikte oder negative Erfahrungen aus der Vergangenheit, die nicht angesprochen oder gelöst wurden, ein Grund für die Reaktionen.
Das können Sie tun:
Bei Vorwürfen und Anschuldigungen gilt: Bleiben Sie ruhig! Gehen Sie nicht in den Kampfmodus! Es ist wichtig, erst einmal zuzuhören und dem Gegenüber Raum zu geben, seine Sichtweise darzulegen ohne zu unterbrechen. Dies zeigt Respekt und schafft die Basis für eine offene und ehrliche Kommunikation. Statt auf Vorwürfe gleich etwas zu entgegnen, können Sie sie zum Beispiel mit den Worten „Ihnen ist also wichtig…“ aufgreifen. Das wirkt im wahrsten Sinne des Wortes ent-waffnend und gibt Ihrem Gesprächspartner das Gefühl ernst genommen zu werden.
Fragen Sie nach und analysieren Sie die angesprochenen Punkte sachlich, um ein klares Verständnis der Problematik zu erhalten. Fordern Sie konkrete Beispiele an, um die Vorwürfe besser einordnen zu können. Anschließend heißt es, die angesprochenen Themen zu reflektieren und zu überlegen, ob und inwiefern die Kritik berechtigt ist. Das muss nicht unmittelbar geschehen. Wenn nötig, bitten Sie sich Bedenkzeit aus und vereinbaren Sie einen Folgetermin.
Legen Sie Ihre Sichtweise und mögliche Missverständnisse klar dar. Wo berechtigte Kritik vorliegt, sollten Sie diese anerkennen und konkrete Schritte zur Verbesserung aufzeigen. Dies kann auch beinhalten, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten oder sich um externe Unterstützung, wie ein Coaching oder eine Mediation zu bemühen.
Worst-case-Szenario 6: Einwände gegen Ihre Pläne
Wenn Beschäftigte Einwände haben, ist das zunächst einmal positiv! Ja, Sie haben richtig gelesen. Dass solche Einwände überhaupt geäußert werden, ist nicht selbstverständlich. Denn häufig werden sie nur im Kollegenkreis diskutiert. Wenn Sie also als Führungskraft einbezogen werden, spricht das für eine offene Kommunikationskultur und Vertrauen, das Ihnen Ihr Team entgegenbringt.
Ihre Mitarbeiter verstehen möglicherweise nicht, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden, und haben daher Bedenken bezüglich ihrer Durchführbarkeit oder des Nutzens für das Team. Ein weiterer Grund kann unterschiedliche Perspektiven oder Fachkenntnisse sein. Mitarbeiter, die näher am operativen Geschäft sind, haben oft praktische Einblicke, die Sie als Führungskraft möglicherweise nicht berücksichtigt haben. Auch persönliche Betroffenheit durch zusätzliche Arbeitsbelastung oder Veränderungen in der Arbeitsweise, kann zu Widerstand führen.
Das können Sie tun:
Auf Einwände konstruktiv zu reagieren heißt erst einmal, sie überhaupt anzuhören und somit ernst zu nehmen – auch wenn sich das wie Zeitverschwendung anfühlt, denn Sie haben Ihr Vorhaben ja bereits gut durchdacht und eigentlich auch entschieden. Sich Zeit dafür zu nehmen, dass der Mitarbeiter seine Bedenken vollständig darlegen kann, zeigt Wertschätzung und stärkt das Vertrauen. Es ist wichtig, seine Perspektive zu verstehen und mögliche Lücken oder Missverständnisse in der eigenen Planung zu erkennen. Gegebenenfalls sollten Sie Ihre Vorhaben anpassen oder die Gründe für bestimmte Entscheidungen klarer kommunizieren.
Erläutern Sie die übergeordneten Ziele und den strategischen Kontext Ihrer Pläne. Dabei können Sie aufzeigen, wie die Vorschläge des Mitarbeiters integriert werden können oder warum bestimmte Aspekte unverändert bleiben müssen. Die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen und die Einbeziehung der Mitarbeitenden in den Entscheidungsprozess erhöht die Akzeptanz.
Worst-case-Szenario 7: Der Mitarbeiter äußert Wünsche, die Sie nicht erfüllen können
Wenn Sie sich wie die gute Fee aus dem Märchen vorkommen, Ihnen aber gerade die Zauberkraft ausgegangen ist, ist es wichtig, sensibel und respektvoll zu reagieren, um die Motivation und das Vertrauen der Mitarbeiterin aufrechtzuerhalten.
Das können Sie tun:
Legen Sie sachlich, klar und nachvollziehbar dar, warum Sie die Wünsche nicht erfüllen können. Beziehen Sie freundlich Stellung. Positionieren Sie sich, ohne die Mitarbeiterin vor den Kopf zu stoßen. Bringen Sie die genauen Gründe und Hintergründe in Erfahrung. Dann können Sie ggf. alternative Lösungen oder Kompromisse vorschlagen, die zumindest einen Teil der Wünsche berücksichtigen.
Es ist wichtig, der Mitarbeiterin Wertschätzung für ihre Offenheit und ihr Engagement zu zeigen. Die Anerkennung ihrer Bedürfnisse und Wünsche stärkt das Gefühl, gehört und respektiert zu werden. Wenn es realistisch ist, können Sie aufzeigen, wie und wann die Wünsche möglicherweise zukünftig berücksichtigt werden können. Das kann helfen, der Kollegin eine Perspektive zu geben und ihre Geduld zu fördern.
In Fällen, in denen der Wunsch auf äußere Faktoren zurückzuführen ist, können Sie Unterstützung und Ressourcen bereitstellen, um der Mitarbeiterin bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zu helfen.
Und, last but not least: Ermutigen Sie sie weiterhin Feedback und Wünsche zu äußern. Das signalisiert, dass ihr Input wichtig ist und auch in Zukunft berücksichtigt wird.
Worst-case-Szenario 8: Das Gespräch eskaliert
Wenn Mitarbeiter und Führungskraft sich gegenseitig unterbrechen, die Lautstärke höher wird und Ärger nicht zu überhören ist, sind dies untrügliche Anzeichen dafür, dass im Gespräch etwas schiefgelaufen ist. Gab es unklare Botschaften oder andere Kommunikationsprobleme? Fühlt der Mitarbeiter sich missverstanden oder ungerecht behandelt? Vielleicht ist auch der hohe Arbeitsdruck schuld an der emotional angespannten Lage? Oder es kommen gerade ungeklärte frühere Konflikte wieder an die Oberfläche.
Lassen Sie sich nun nicht zu weiteren harschen Reaktionen verleiten. Das Einzige, das jetzt hilft, sind Maßnahmen zur Deeskalation.
Das können Sie tun:
- Ruhig bleiben: Bleiben Sie in einer aufgeheizten Situation bewusst gelassen. Damit erzielen Sie eine beruhigende Wirkung.
- Sachlich kommunizieren: Vermeiden Sie emotionale Aussagen und achten Sie auf sachliche, konstruktive Kommunikation.
- Empathie zeigen: Wenn es Ihnen möglich (und es ehrlich gemeint ist), zeigen Sie Verständnis und Mitgefühl für die Gefühle des Mitarbeiters.
- Pause einlegen: Auch eine kurze Pause kann helfen, die Gemüter zu beruhigen und Klarheit zu gewinnen.
- Kompromissbereitschaft: Signalisieren Sie, dass Sie bereit sind, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und Kompromisse einzugehen.
- Folgetermin vereinbaren: Vereinbaren Sie ein weiteres Treffen, um offene Punkte in einer ruhigeren Atmosphäre zu klären.
- Reflexion: Überlegen Sie im Anschluss, was zur Eskalation geführt hat und wie Konflikte zukünftig vermieden werden können.
- Neutrale Partei einbeziehen: Bei andauernder Eskalation kann ein neutraler Mediator oder HR-Vertreter hinzugezogen werden.
Worst-case-Szenario 9: Die Mitarbeiterin hält sich nicht an Absprachen
Vielleicht kennen Sie das? Sie treffen eine Vereinbarung mit Ihrer Mitarbeiterin und es passiert – nichts. Im Folgegespräch hören Sie eine Ausflucht nach der anderen und verlieren im Dickicht der eloquenten Entschuldigungen allmählich den Überblick: War die Absprache wirklich eindeutig formuliert?
Das können Sie tun:
Schaffen Sie Klarheit! Überprüfen Sie, ob die ursprünglichen Absprachen klar und eindeutig formuliert waren. Erfragen Sie die Gründe für die Nichteinhaltung der Absprachen und zeigen Sie Verständnis für mögliche Hindernisse. Wenn Sie es bisher noch nicht getan haben, dokumentieren Sie das Gespräch oder zumindest die Ergebnisse. Überprüfen Sie die Absprachen gemeinsam und stellen Sie sicher, dass sie für beide Seiten klar und machbar sind. Eventuell setzen Sie neue, realistischere Ziele. So können Sie bei zukünftigen Problemen auf eine klare Dokumentation zurückgreifen.
Betonen Sie die Bedeutung der Einhaltung von Absprachen für das Team und das Unternehmen. Verdeutlichen Sie, wie das Verhalten andere und ggf. auch Sie selbst beeinflusst. Zeigen Sie klar auf, welche Konsequenzen bei fortgesetzter Nichteinhaltung der Absprachen drohen. Das kann Verwarnungen oder andere disziplinarische Maßnahmen wie eine Abmahnung umfassen.
Wenn Absprachen immer wieder nicht eingehalten werden, kann es sein, dass Ihr Mitarbeiter spürt, dass sein Verhalten keine Konsequenzen hat und er das – bewusst oder unbewusst – ausnutzt. Grundsätzlich bleiben Sie sachlich und respektvoll, aber wenn das Verhalten sich immer wieder wiederholt, dürfen Sie auch sagen, dass Sie verärgert sind.
Gerade bei solchen Kandidaten ist es wichtig, regelmäßige Check-ins zu vereinbaren, um den Fortschritt des Mitarbeiters zu verfolgen und sicherzustellen, dass die Absprachen eingehalten werden. Loben Sie, wenn dies erfolgt, um positives Verhalten zu fördern.
Bieten Sie Unterstützung und Ressourcen an, um dem Mitarbeiter zu helfen, die Absprachen künftig einzuhalten. Dies könnte Hilfe bei der Priorisierung von Aufgaben oder zusätzliche Schulungen umfassen.
Worst-case-Szenario 10: Der Mitarbeiter wirkt eingeschüchtert und verhält sich defensiv
Es ist merkwürdig. Mit den Kolleg:innen ist der Mitarbeiter gesprächig und unterhaltsam. Doch im Gespräch mit Ihnen verhält er sich defensiv, ist zurückhaltend und wirkt angespannt. Manchmal haben Sie das Gefühl, Sie reden gegen eine Wand. Alles müssen sie ihm aus der Nase ziehen.
Für dieses so unterschiedliche Verhalten kann der hierarchische Unterschied verantwortlich sein, also der durch Ihre Positionen bedingte Unterschied in Macht, Status und Autorität. Diese Differenz kann erhebliche Auswirkungen auf die Interaktionen und Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Führungskräften haben. Sie kann sich darin zeigen, das Mitarbeitende zögern, ihre Gedanken auszusprechen, offen ihre Meinung zu sagen oder Kritik zu üben, aus Angst vor negativen Konsequenzen. Auch Vorschläge oder Ideen äußern werden nicht geäußert. Oder aber die Schüchternen stimmen allem zu, selbst wenn sie abweichende Auffassungen oder Bedenken haben, nur um nicht widersprechen zu müssen.
Das können Sie tun:
In solch einer Situation ist das A und O, das Vertrauen durch eine offene Kommunikation zu fördern. Doch das lässt sich natürlich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen.
Vielleicht haben Sie als Empfehlung für solche Situationen auch schon mal gelesen, durch die Einladung zum Duzen oder das Angebot informell zu sprechen, Hierarchieschranken abzubauen. Davon halte ich nichts. Flache Hierarchien und eine Du-Kultur sollten zum Unternehmen passen. Bei international agierenden Firmen, in denen Englisch dominiert, oder in jungen Firmen oder Start-ups ist das der Fall; wenn das Duzen als Mittel zum Zweck benutzt wird, funktioniert es meiner Meinung nach nicht.2
Weder bei Vorgesetzten noch bei der Belegschaft lässt sich das Wissen um bestehende Rangunterschiede ausschalten. Beiden Gesprächspartnern ist immer bewusst, dass letztlich der Vorgesetzte aufgrund der Machtverteilung Entscheidungen treffen kann, die der Mitarbeiter akzeptieren muss. Mein Tipp: Verleugnen Sie nicht Ihre hierarchische Position!
Einfühlsames und respektvolles Verhalten ist bei zurückhaltenden Zeitgenossen besonders wichtig, um das Gefühl der Einschüchterung zu verringern. Machen Sie sich vorab klar, wie der Mitarbeiter Sie und die Situation wohl sieht. Wechseln Sie die Perspektive und leiten Sie daraus Ansätze für Ihre Gesprächsführung ab. Formulieren Sie zum Beispiel mögliche Sichtweisen und Bedenken selbst und warten Sie die Reaktion ab.
Vermeiden Sie Jargon und eine komplizierte Sprache. Stellen Sie offene Fragen, die nicht nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Bringen Sie die notwendige Geduld auf, um ihn:sie ausreichend zu Wort kommen zu lassen. Unterstützen Sie durch Aktives Zuhören. Beziehen Sie den Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse ein und fragen Sie nach seiner Meinung, wenn Sie ehrlich daran interessiert sind, um ihm das Gefühl zu geben, dass er Teil des Teams ist und seine Meinung wichtig ist.
Manchmal kann auch ein Wechsel des Settings etwas verändern: Probieren Sie einmal aus, das Gespräch in einer entspannten Umgebung fernab des typischen Bürosettings zu führen.
Natürlich kann es sein, dass das Verhalten des Mitarbeiters weniger mit Ihnen oder der Firma zu tun hat als mit seiner Persönlichkeit und den Erfahrungen, die er bislang gemacht hat. In diesem Fall könnte ein Coaching hilfreich sein.
Worst-case-Szenario 11: Sie hatten keine Zeit, sich auf das Gespräch vorzubereiten
Dass es wichtig ist, Mitarbeitergespräche vorzubereiten, wissen Sie. Schöne Theorie! Ihr Arbeitsalltag sieht anders aus: meistens fehlt einfach die Zeit. Und es gibt immer wieder Anlässe, die kurzfristig eine Reaktion erfordern. Doch auch ohne Vorbereitung können Sie professionell und konstruktiv agieren.
Das können Sie tun:
- Falls es sich um das institutionalisierte Jahresgespräch handelt, teilen Sie zu Beginn des Gesprächs offen und ehrlich mit, dass die Vorbereitung aufgrund unerwarteter Umstände nicht möglich war. Dies zeigt Transparenz und baut Vertrauen auf.
- Lassen Sie hauptsächlich Ihren Mitarbeiter sprechen. Nehmen Sie seine Anliegen und Perspektiven auf. Das zeigt, dass seine Meinung wichtig ist und ernst genommen wird. Machen Sie sich während des Gesprächs Notizen, um wichtige Punkte festzuhalten, die später detaillierter besprochen oder nachverfolgt werden müssen.
- Stellen Sie offene Fragen und ermutigen Sie Ihr Gegenüber, über seine Anliegen, Herausforderungen und Erfolge zu sprechen. Beispiele sind: „Welche Herausforderungen haben Sie in letzter Zeit erlebt?“ oder „Gibt es Erfolge, die Sie teilen möchten?“
- Geben Sie Feedback basierend auf bisherigen Beobachtungen und Erfahrungen. Auch ohne spezifische Vorbereitung können positive Verstärkung und allgemeine Verbesserungsvorschläge wertvoll sein.
- Bieten Sie Unterstützung und/oder Ressourcen an, um dem Mitarbeiter bei der Bewältigung seiner aktuellen Herausforderungen zu helfen.
- Planen Sie konkrete Schritte. Legen Sie die nächsten Ziele fest. Das hilft, das Gespräch produktiv zu gestalten, selbst wenn die Vorbereitung fehlte.
- Zeigen Sie Flexibilität. Besprechen Sie die dringenden Themen und vereinbaren Sie einen Folgetermin für detailliertere Diskussionen.
- Vereinbaren Sie dann einen Follow-up-Termin, um auf Basis Ihrer Notizen und einer gründlicheren Vorbereitung weiterführende Gespräche zu führen.
- Zur besseren Lesbarkeit und da es in diesem Artikel nicht um Geschlechterfragen geht, verwende ich abwechselnd sowohl maskuline als auch feminine Personenbezeichnungen sowie wenn möglich geschlechtsneutrale. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich auf alle Geschlechter. ↩︎
- Siehe dazu auch den Artikel in der NZZ: https://www.nzz.ch/feuilleton/duzen-oder-siezen-trend-zu-du-kultur-in-firmen-und-spitaelern-ld.1719773 ↩︎